Biographisches:
Josef Poestion wurde am 7 Juni 1833 in Bad Aussee geboren. Nach einem Studium der Klassischen Philologie und Germanistik in Graz (1873–75) und Wien (1875–77) versuchte Poestion sich als Privatgelehrter, Schriftsteller und Journalist, bis er 1886 als Bibliothekar in den Staatsdienst eintrat. Von 1888 bis zu seiner Pensionierung um 1920 leitete er die Bibliothek des Innenministeriums (1891 Vorstand, 1896 Direktor. 1921 Sektionschef). Literarische Tätigkeit begann mit Beiträgen zu antiker Frauenliteratur, doch sein Interesse richtete sich bald auf Skandinavien. Er veröffentlichte Werke über die zuvor wenig beachtete Kultur und Literatur Islands, Übersetzungen skandinavischer Autoren und altnordischer Texte sowie Sprachlehrbücher zum Dänischen, Schwedischen, Norwegischen und Altnordischen, Besonders sein Norwegischlehrbuch (1890), obwohl eine Kompilation vorhandener Lehrwerke, wurde aufgrund seiner Brauchbarkeit v. a. in Norwegen im Unterricht an Hochschulen geschätzt und viel benutzt. Mit „Island, das Land und seine Bewohner nach den neuesten Literarischen Quellen“ (1885) veröffentlichte Poestion ein umfassendes kulturhistorisches Handbuch. Seine profunden Quellenkenntnisse (Aufenthalt in Island 1906) bieten Informationen, die zuvor in deutscher Sprache nicht zugänglich waren und die er bis zu seinem Tod(4 Mai 1922 Wien) aufgrund seiner umfangreichen Korrespondenz mit skandinavischen Geistesgrößen ergänzte. Poestions wichtigstes Werk, „Isländische Dichter der Neuzeit in Charakteristiken und übersetzte Proben ihrer Dichtung“ (1897), verzeichnet alle bedeutenden Autoren der Isländer, Literaturgeschichte von der Reformation bis zur Neuzeit und schuf so erstmals solide Grundlagenwerke zum Studium der Texte. Poestions Tätigkeit fällt in eine Zeit, in der das Interesse an den Literaturen Skandinaviens im deutschsprachigen Raum langsam erwachte und Wissenschaftler begannen, sich mit der klassischen Sagaperiode zu befassen. Poestion trug wesentlich zur Verbreitung der Nord Literatur bei und kann als ein Wegbereiter für deren wissenschaftliche Erforschung gelten. Seine Leistungen fanden v. a. in Island große Anerkennung, welche ihm im deutschsprachigen Raum weitgehend versagt blieb.